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16.09.2016

 

Bezahlbarer Wohnraum auch im ländlichen Raum – Konzept und Erfahrungen der Bau- und Siedlungsgenossenschaft für den Kreis Herford eG

 

Was weder Minister Michael Groschek im Jahr 2013 mit dem von ihm initiierten Bündnis für Wohnen noch etwa die Pestel Studie Wohnungsbedarf und Neustart des sozialen Wohnungsbaus schaffte, vermochten im vergangenen Jahr hunderttausende schutzsuchender Menschen in Deutschland:  Die Aufmerksamkeit der breiten Öffentlichkeit schlagartig auf die bereits länger bestehende Wohnungsnot in NRW in Bezug auf bezahlbaren Wohnraum zu lenken.

 

Die von Bundesbauministerin Hendricks in diesem Zusammenhang geforderte „Konzentration auf die Metropolen“ wie auch die von der NRW Landesregierung formulierte Forderung   „schneller und höher“ zu bauen ist sicher richtig.  Kleinere Städte wie etwa Löhne, Enger oder Vlotho im Kreis Herford gehören aber weder zu den „Schwarmstädten“, noch gelten in dieser Region hohe Häuser als ortsbildprägend.  Dennoch fehlen auch hier, im zwar insgesamt bevölkerungsstarken aber eher ländlich geprägten Ostwestfalen, nicht nur kleine Wohnungen, auch preiswerter Wohnraum für Familien ist Mangelware.

Im Einzugsbereich der Bau- und Siedlungsgenossenschaft für den Kreis Herford eG leben etwa 250.000 Menschen, verteilt auf neun Städte und Gemeinden.  Nur etwa ein Drittel der 115.000 Wohnungen befinden sich in Gebäuden mit drei und mehr Wohnungen.  Die B&S ist mit ihren etwa 1.500 eigenen Wohnungen das einzige im Kreisgebiet tätige Wohnungsunternehmen.  Sie verfügt über jahrzehntelange Erfahrung in der Entwicklung und Realisierung bedarfs- und bedürfnisorientierter Wohnprojekte und ist damit beim Thema Wohnen erster Ansprechpartner der Kommunen.

 

Nachdem bereits Anfang 2015 fünfzehn leerstehende Wohnungen im Kreisgebiet an Gemeinden zur Unterbringung geflüchteter Menschen vermietet wurden, hat die B&S wenige Monate später zwei ursprünglich zum Abriss vorgesehene Wohnanlagen der 50er Jahre auf Wunsch der Kommunen baulich revitalisiert und ebenfalls zur Wohnnutzung übergeben.  Im Sommer 2015 häuften sich die Anfragen der Gemeinden nach preiswerten Neubauwohnungen, die die B&S dazu veranlassten, ein eigenes Konzept zum seriellen Bau nachfragegerechter Wohnhäuser zu entwickeln.  Im Rahmen einer außerordentlichen Vertreterversammlung wurde im Herbst 2015 die Grundsatzentscheidung zur weiteren Vertiefung und Realisierung dieses Konzeptes getroffen.

 

Das Planungskonzept

 

Übergeordnetes Ziel des Projektes ist die Schaffung von preiswertem, nachhaltig nutzbarem Wohnraum, der kurzfristig für die Unterbringung geflüchteter Menschen genutzt wird, langfristig aber dauerhaft den Wohnbedürfnissen unterschiedlicher Bewohnergruppen wie Singles, Älteren, Wohngemeinschaften oder Familien genügen soll.  Entwickelt wurde eine Musterplanung, die sich in regionaltypischer Maßstäblichkeit und Architektur gut in verschiedenste Standortbedingungen einfügt, keine Schwierigkeiten im Genehmigungsverfahren erwarten läßt und mit einem hohen Maß an Vorfertigung schnell und preiswert zu realisieren ist.

 

Die grundlegende Planungsidee ist denkbar einfach:  Auf einem Achsraster von 7,50m * 8,00m wurde ein Grundriss mit zwei exakt gleich großen Wohnräumen mit jeweils gut 16m² entwickelt,  ergänzt durch einen Eingangsbereich mit Garderobennische, einer kleinen Küche mit Essplatz sowie einem Badezimmer mit bodengleicher Dusche und Platz für Waschmaschine und Trockner.  Die Wohnung ist insgesamt barrierefrei gemäß DIN 18040 T.2, besitzt eine Wohnfläche von gut 53 m² einschließlich Terrasse und entspricht sämtlichen Anforderungen der Wohnungsbauförderung NRW.  Besonderes Augenmerk wurde bei der Planung der Raumgrößen und -proportionen auf eine möglichst große Variabilität der Möblierung und damit der Nutzung gelegt.  Durch das Zusammenschalten zweier Grundrissmodule läßt sich ohne nennenswerten baulichen Mehraufwand z.B. familiengerechter Wohnraum herstellen.

Die Erschließungszone mit  Treppe, Abstell- und Technikräumen liegt außerhalb der wärmegedämmten Gebäudehülle an der Eingangsseite der Gebäude und ist damit vergleichsweise kostengünstig herzustellen.  Sie sorgt nicht nur für großzügig überdachte Eingangsbereiche, sondern gliedert die Eingangsfassade und sorgt zusätzlich für gut nutzbare, räumlich eingefasste Außenräume vor den Wohnungseingangstüren.  Die Obergeschosswohnungen werden über kurze Laubengangabschnitte erschlossen, die optionale Nachrüstung eines Aufzuges ist hierdurch problemlos möglich.  Ebenso einfach ist die Nachrüstung von Balkonen auf der Gartenseite.

 

Durch die Addition mehrerer Grundrissmodule lassen sich je nach Bedarf und Grundstückszuschnitt unterschiedlich große Projekte realisieren.  Ein differenziertes Farbkonzept sorgt dafür, dass sich die Häuser trotz ihrer seriellen Planung gestalterisch in vorhandene Wohnquartiere und Nachbarschaften einpassen.

 

Baukonstruktion / Technik

 

Um kurze Bauzeiten gewährleisten zu können, setzt die B&S bei der Konstruktion ihrer Häuser auf ein hohes Maß an Vorfertigung.  Wände in Holzrahmenbauweise werden auf Grundlage der detaillierten Ausführungsplanung  einschließlich Fenstern, Dämmung und Leerrohren vollständig in der Werkstatt vorgefertigt.  Auf der Baustelle erfolgt dann lediglich die Montage der Wand-, Decken- und Dachelemente, so dass bereits zwei Tage später wetterunabhängig mit dem Innenausbau begonnen werden kann.  Nach Fertigstellung der Stahlbeton-Bodenplatte vergehen so bis zur Bezugsfertigstellung nur etwa vier Monate.

 

Da die B&S in der jüngeren Vergangenheit bereits zahlreiche Projekte in Holzrahmenbauweise erfolgreich realisiert hat, konnte nicht nur auf einen reichen Erfahrungsschatz bei der Projektierung zurückgegriffen werden, auch leistungsfähige und kompetente Unternehmen und Projektpartner waren bereits bekannt.  Überzeugungsarbeit mußte die B&S immer wieder Skeptikern der Holzbauweise gegenüber aufbringen.  Erst langsam setzt sich auch in Ostwestfalen die Erkenntnis durch, dass mit Holz mindestens ebenso gute und langlebige Gebäude errichtet werden können, wie mit der guten alten „Stein-auf-Stein-Bauweise“.

 

Die geplanten Häuser entsprechen in ihrem Wärmedämmstandard und ihrer technischen Ausstattung den aktuellen gesetzlichen Anforderung der Anfang 2016 verschärften Energie-Einsparverordnung (EnEV).  Die Heizwärme wird durch Wärmepumpentechnik erzeugt und gelangt durch eine Fußbodenheizung ins Haus.  Um bestmögliche Frischwasserhygiene wirtschaftlich herzustellen, erfolgt die Warmwassererzeugung dezentral.  Speicherung wird so vermieden, ebenso mögliche Kapazitätsengpässe.  Um ein Mindestmaß an Luftwechsel zu gewährleisten, werden in den Bädern hydrostatische Entlüftungsventile eingebaut, die dreifach verglasten Fenster sind mit  Fensterfalzlüftern ausgestattet.

 

Projektstand und Ausblick

 

Nachdem Ende vergangenen Jahres die Resonanz auf das B&S Konzept überwältigend positiv war, konnten noch vor dem Jahreswechsel Bauanträge für sieben Neubauprojekte in fünf Gemeinden des Kreises Herford eingereicht werden.  Trotz intensiver gemeinsamer Beratungen mit Planungsämtern, Bauaufsicht und Wohnungsbauförderung sowie einer großen Kooperationsbereitschaft aller Beteiligten dauerte es fast ein halbes Jahr, bis die ersten Baugenehmigungen und Förderbescheide vorlagen.

Als Hemmschuh stellte sich besonders die Frage der baurechtlichen Einordnung der Projekte dar.  Die Entscheidung, sie als Sonderbauten gemäß §68 (1) BauONW zu klassifizieren, bedeutete nicht nur ein deutlich aufwendigeres Genehmigungsverfahren, sondern auch erheblich höhere Anforderungen an bauliche Standards gegenüber üblichen Wohnbauten.  Dass außerdem Bauaufsichtsbehörden verschiedener Kommunen identische Projekte z.B. in brandschutztechnischer Hinsicht unterschiedlich beurteilen, verursacht zusätzlichen Aufwand, der vermeidbar erscheint.

 

Inzwischen ist in Spenge die Bodenplatte des ersten Wohnprojektes mit vier Wohnungen fertiggestellt, das Richtfest steht unmittelbar bevor.  Mit dem Bau weiterer Projekte wurde begonnen, bis zum Ende des Jahres werden damit die ersten Wohnhäuser bezugsfertig sein.  Das anhaltende, inzwischen auch überregionale Interesse an dieser seriellen Planung bestärkt die B&S darin, auch künftig die Entwicklung und Realisierung innovativer Wohnkonzepte voranzutreiben.

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